Im Rahmen der Ausbildung zum Staatlich geprüften Bautechniker unternahm die Klasse FBT 2 gemeinsam mit den Lehrkräften Silke Scheffold und Holger Stark eine fünftägige Fachexkursion nach Wien, um die vielfältige architektonische Landschaft der österreichischen Hauptstadt zu erkunden.
Bereits auf der Hinreise besichtigte die Klasse im Rahmen einer Führung das barocke Kleinod, das Stift Melk. Die Abtei zählt zu den schönsten und größten einheitlichen Barockensembles Europas. Die prachtvolle Architektur ist auf der ganzen Welt bekannt; ebenso überzeugt seine einzigartige Lage im UNESCO-Welterbe Wachau. Seit 1089 leben und wirken Benediktinermönche in ununterbrochener Tradition an diesem Ort.
Die Führungen in Wien boten den angehenden Bautechnikern Einblicke in historische und moderne Bauwerke sowie in die kulturelle und urbane Historie der Stadt.
Ein Highlight der Reise war sicherlich die Besichtigung des weltberühmten Stephans-doms, im Herzen der österreichischen Hauptstadt gelegen. Diese Kathedrale zählt zu den bedeutendsten gotischen Bauwerken Europas. Eine geführte Tour ermöglichte es uns, einen detaillierten Blick auf den Auf- und Ausbau des Doms von den Katakomben bis zum Dachstuhl zu erhalten. Besonderes Augenmerk lag auf dem filigranen Rauten-muster des Daches, das aus 230.000 glasierten Ziegeln besteht und die Wappen von Wien und Österreich darstellt. Jeder dieser Ziegel wiegt etwa 2,5 kg und ist mit zwei Kupfernägeln an den Dachsparren befestigt. Zusätzlichen Halt erhalten die Ziegel durch ein Mörtelbett, in das sie eingebracht wurden.
Das ursprüngliche Dach bestand aus ca. 2000 Kubikmetern Lärchenholz. 1945 brannte es während des Bombardements auf Wien im Zweiten Weltkrieg ab. Nach dem Krieg erschufen die Baumeister einen Dach-stuhl aus Stahl, der eine Fläche von 10.000 m² überdecken musste. So entstand eine Konstruktion, die über 600 Tonnen schwer wurde. Heute ist das Dach 27,85 Meter hoch und hat eine Spannweite von 35 Metern. Die steilste Stelle der Konstruktion weist eine Dachschräge von 80 Grad auf. Dieser steile Winkel ist der Grund, dass auf dem Dach nie Schnee liegt. Nach der Besichtigung des Dachinneren ging es dann in den Außenbereich des Daches in ca. 80 Metern Höhe. Nicht nur der Ausblick von dieser exponierten Stelle über das abendlich erleuchtete Wien war ein besonderer Moment, sondern auch, dass man den vielfältigen Wasserspeiern förmlich Auge in Auge gegenüberstand und einen genauen Blick auf die strukturellen Raffinessen der Fialtürme bekam. Ebenso faszinierend war der Kirchenraum mit seinem Hochaltar, ein frühbarockes Meisterwerk aus Marmor und Stein. Da er vom Aufbau her einem Portal gleicht, ist er ein Porta-Coelis (Himmelspforten-)Altar. Thema ist die Steinigung des Heiligen Stephan, des Namenspatrons des Doms. Auch die Führung durch die Katakomben war nicht nur vom architektonischen Aspekt sehr bewegend, denn unter dem Dom befindet sich eine weitläufige Anlage von etwa 30 Grabkammern. Insgesamt wurden hier mehr als 10.000 Leichname unterirdisch deponiert. Kaiser Joseph II. verbot 1783 dieses Bestattungsritual; viele Ge-beine verblieben aber unter dem Dom.
Am zweiten Tag führte unser Weg zunächst zum berühmten Wiener Zentralfriedhof, denn dieser Ort ist nicht nur ein Ort der Ruhe, sondern auch eine architektonische Schatz-kammer. Besonders die dem Heiligen Karl Borromäus gewidmete Jugendstilkirche zog unsere Aufmerksamkeit auf sich. Das Gotteshaus wurde zwischen 1908 und 1910 nach Plänen des Architekten Max Hegele erbaut. Der Bau ist einer der bedeutendsten Sakral-bauten des Jugendstils in Österreich. Sie stellt - gemeinsam mit den angrenzenden Gruftarkaden, dem Friedhofsportal und der Grünanlage - ein einzigartiges Friedhofsensemble dar, das von besonderer architektonischer, aber auch kulturhistorischer Bedeutung ist. Die geschwungene Kuppel, verziert mit goldenen Akzenten, und die symmetrische Fassadengestaltung strahlen eine harmonische Eleganz aus. Die prachtvollen Grabmäler bedeutender Persönlichkeiten, wie das von Beethoven, Schubert, Udo Jürgens oder Falco, sind kunstvoll gestaltet und zeugen von der Vielfalt der architektonischen Stilrichtungen, die vom Neoklassizismus bis hin zu Art Déco reichen.
Einen Kontrast zu den historischen Schauplätzen bildete die Architekturführung über den Campus der Wirtschaftsuniversität Wien. Dieses Ensemble modernster Architektur um-fasst Werke internationaler Architekten, deren Gebäude jeweils einzigartige bautechnische und gestalterische Merkmale aufweisen. So besticht das „Library & Learning Centre“ von Zaha Hadid durch seine dynamisch geschwungene Betonstruktur und die kühne Neigung des Hauptkörpers, die einen kraftvollen Eindruck hinterlässt. Die innere Atrium-gestaltung mit weitläufigen Freitreppen und fließenden Übergängen zwischen den Ebenen schafft ein inspirierendes Raumgefühl. Innovativ ist ebenso der Einsatz von selbst-verdichtendem Beton für die komplexen Geometrien. Auch die anderen drei Gebäude auf dem WU-Campus zeichnen sich durch ihre durchdachte Integration von Technologie, Nachhaltigkeit und Ästhetik aus, was sie zu einem Vorzeigebeispiel moderner Universitätsarchitektur macht.
Ein weiterer Höhepunkt unserer Reise war die Besichtigung der Kaiserappartements in der Hofburg sowie die Spanische Hofreitschule. Die prunkvollen Räume boten einen Einblick in die Lebensweise der Habsburger Monarchen. Besonders beeindruckend war die Kombination aus barocker und klassizistischer Architektur, die sich in den opulent dekorierten Räumen widerspiegelt. Die prächtigen Stuckarbeiten an den Decken, die filigranen Vergoldungen an den Wandpaneelen und die meisterhafte Symmetrie der Raumaufteilung zeugen von der handwerklichen und künstlerischen Perfektion jener Zeit.
Eine Backstage-Führung im „Ronacher“, dem Ort, in dem derzeit das „Falco-Musical“ euphorisch gefeiert wird, rundete die Studienfahrt ab. Dieses traditionsreiche Theater verbindet historische und moderne Elemente. Die Fassade mit ihren neorenaissance-haften Ornamenten kontrastiert spannend mit den technisch hochmodernen Bühnen-mechanismen im Inneren.
Die Studienfahrt im Fach Baugeschichte nach Wien war ein voller Erfolg und bot eine einzigartige Mischung aus historischer und moderner Architektur. Die besuchten Orte spiegelten die Vielfältigkeit der Architektur wider und vermittelten ein tieferes Verständnis für die Wechselwirkung zwischen Raum, Funktion und ästhetischem Anspruch. Die Studienfahrt ermöglichte den angehenden Bautechnikern vielfältige Eindrücke und förderte das Verständnis für historische Bauweisen, aktuelle Planungsansätze und städtische Entwicklungen im europäischen Kontext.
Die Bilder zeigen die Klasse FBT2 bei ihrer baugeschichtlichen Studienfahrt nach Wien. Zu sehen sind Gruppenaufnahmen vor der barocken Stiftskirche in Melk, Impressionen der Stadtführung durch die Wiener Innenstadt sowie zahlreiche Eindrücke rund um den Stephansdom – vom historischen Dachstuhl über Werkzeuge der mittelalterlichen Dombauhütte bis hin zum spektakulären Ausblick von den Fialtürmen bei Abendstimmung. Auch der Besuch des Wiener Zentralfriedhofs mit der Jugendstilkirche zum heiligen Karl Borromäus und dem Grab von Falco ist dokumentiert. Weitere Stationen waren der Campus der Wirtschaftsuniversität Wien mit moderner Architektur sowie der gemeinsame Ausflug in den Wurstelprater, inklusive Fahrt mit dem historischen Riesenrad.